Sprachstörungen

Late Talker (später Sprecher)

Late Talker sind Kinder, die zwischen dem ersten und dritten Lebensjahr eine verzögerte Sprachentwicklung aufweisen. Bis zum 2. Lebensjahr sollten die Kinder mindestens einen aktiven Wortschatz von 50 Wörter haben und Wortkombinationen wie beispielsweise „Papa auch“ oder „Mama da“ bilden können. Late Talker zeigen sich in ihrer Sprachentwicklung deutlich verlangsamt, entwickeln sich jedoch in allen anderen Bereichen altersentsprechend.

 

Von dieser Sprachstörung betroffen sind heutzutage etwa 13 bis 20 Prozent der zweijährigen Kinder. Allerdings erweisen sich die Hälfte der Late Talker in der Regel als sogenannte Late Bloomer (Spätentwickler) und können den Sprachrückstand bis zum dritten Lebensjahr noch aufholen.

 

Das heißt, auf den Wortschatzerwerb von 50 Wörtern über 24 Monate hinweg folgt ein Wortschatzspurt, auch Wortschatzexplosion genannt, mit dem Erwerb von etwa zehn neuen Wörtern pro Tag. Außerdem ermöglicht dieser erste, aus verschiedenen Wortklassen zusammengesetzte Wortschatz die Bildung von einfachen Wortkombinationen und somit den Einstieg in die Grammatik.

 

Phonologische Störungen – verzögerte phonologische Entwicklung

Im Spracherwerb kommt es bei Kindern zu sprachtypischen Lautersetzungen und/oder Auslassungen. Diese sind entwicklungsbedingt. Von einer verzögerten phonologischen Entwicklung spricht man, wenn das Kind ausschließlich physiologische (d. h. in der Sprachentwicklung typische) Prozesse zeigt, aber mindestens ein Prozess länger als 6 Monate über die Normerwerbszeit hinaus anhält. eine phonologische Störung besteht, wenn mindestens ein Prozess zu beobachten ist, der der normalen physiologischen Sprachentwicklung nicht entspricht, wie beispielsweise die Rückverlagerung von /d/ /+/ /h/ zu sogenannten velaren Lauten.

 

Lauterwerb

1,6 bis 1,11 Jahre m, n, b, p, d, t
2,0 bis 2,5 Jahre: w, h, s/z
2,6 bis 2,11 Jahre: f, l, ng, ch (wie in Bauch), r, g, k, pf
3,0 bis 3,5 Jahre: ch (wie in Teich), Konsonantenverbindungen: ts, bl, br, fl, fr, dr, tr, gl, kl
3,6 bis 3,11 Jahre: sch, Konsonantenverbindungen: gr, kr, kv, schm, schn, schr, schp, schw
4,0 bis 4,5 Jahre: Konsonantenverbindungen: KV kn, schl, schpr, schtr, scht
  (nach Fox und Dodd)

 

 

Sprachentwicklungsstörung

Die Sprachentwicklungsstörung, kurz SES, wird als eine verzögerte oder gestört verlaufende Entwicklung des Regelspracherwerbs bei Kindern beschrieben. Die Symptome können dabei stark variieren. Es kann Defizite in folgenden Bereichen geben:

 

Störung Syntax / Morphologie:

Die Störung Syntax / Morphologie betrifft expressive und/oder rezeptive Störungen im syntaktischen Bereich (wie z. B.: Wortstellung, Satzlänge und -komplexität) und/oder im morphologischen Bereich (wie z. B.: Aufbau des Kasussystems; Subjekt-Verb-Kongruenz). Störungen auf dieser Ebene können sich zum einen in einer deutlichen zeitlichen Abweichung vom normalen physiologischen Erwerb und zum anderen in generellen Schwierigkeiten, sich das grammatische System anzueignen, äußern. Häufig treten hierbei erwerbsuntypische Fehler auf.

 

Mögliche Symptome in der Sprachbildung:

  • keine Wortkombinationen
  • Verbzweitstellung wurde nicht erworben
  • keine Nebensatzkonstruktionen
  • keine Fragesatzstrukturen
  • Artikel fehlen
  • fehlerhafte Tempusflexion
  • keine Subjekt-Verb-Kongruenz

 

Störung Lexikon / Semantik:

Die Störung Lexikon / Semantik betrifft Störungen auf der Ebene der Wortbedeutungen und des Wortschatzes.

 

Mögliche Symptome in der Sprachbildung:

  • Störung der Wortorganisation
  • Einschränkung und fehlende Differenzierung des expressiven und/oder rezeptiven Wortschatzes für verschiedene Wortarten
  • Wortfindungs- und Zugriffsstörung
  • unzureichender Aufbau von Konzepten und Bedeutungen

 

Störung des Sprachverständnisses

Um eine Äußerung zu verstehen, muss auf sprachliche und nichtsprachliche Wissensstrukturen zurückgegriffen werden. (Zum Beispiel muss man wissen: Wie ist das Lautsystem aufgebaut? Welche morphologisch-syntaktischen Regeln gibt es? Wie schöpfe ich aus meinem Wortschatz). Das Sprachverständnis differenziert sich auf verschiedenen Ebenen:

  • Wortebene
  • Satzebene
  • Textebene
  • freies Sprechen / Spontansprache

Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS)

Eine AVWS ist eine Beeinträchtigung der Fähigkeit, auditive Reize adäquat zu verarbeiten. Dabei ist das äußere (periphere) Hörvermögen des Kindes aber nicht gestört und somit nicht ursächlich. Diese Störung kann sich auf folgende Bereiche auswirken:

  • Lokalisation: Woher kommt das Geräusch, die Stimme?
  • Speicherung: Welches Geräusch, welcher Laut, welches Wort wurde gehört?
  • Sequenzierung: In welcher Reihenfolge wurden Geräusche, Laute, Worte gehört?
  • Kategorisierung: Was für ein Geräusch, Laut, Wort wurde gehört?

Die Auswirkungen einer AVWS sind vielschichtig (phonologische Störung / Wortschatzstörung / LRS). Die auditive Verarbeitung und Wahrnehmung stellt außerdem die Basis für die weiterführende Verarbeitung sprachlich-phonologischer Informationen (phonologische Bewusstheit) dar. Kinder entdecken beispielsweise, dass sich Wörter in Teile zerlegen (in Silben segmentieren) lassen und dass bestimmte Wörter sich ähnlich anhören (reimen).

 

Die phonologische Bewusstheit im engeren Sinne umfasst dann auch die Analyse von Wörtern. Zum Beispiel besteht das Wort Lupe aus L-U-P-E. Die erworbenen Fähigkeiten ermöglichen es dem Kind, Laute umzutauschen, wie zum Beispiel bei Schüttelreimen. Die auditive Wahrnehmung stellt die Grundlage für den Lese-Rechtschreib-Erwerb dar.